Calexico ist wieder mal auf Deutschlandtour und gastierte Sonntagnacht auch im Frankfurter Mousonturm. OskarMaria war beim Konzert, allerdings mit fehlerhafter Begleitung. Einen kurzen Konzertbericht will er sich nicht verkneifen. Doch es soll demnächst Besseres geben, nämlich einen qualitativ guten Live-Stream vom Konzert in Amsterdam. Den sollte man sich keinesfalls entgehen lassen.
Foto: John Convertino, Volker Zander, Jacob Valenzuela, Joey Burns, Paul Niehaus und Martin Wenk
Ich hatte wieder mal einen Fehler gemacht - meine Begleitung sah mal wieder blendend aus, aber ich hatte mir definitiv die falsche Frau für das Konzert ausgesucht. Wir warteten auf den Konzertbeginn im Gedränge vor der Bühne des Frankfurter Mousonturms. Sie plapperte von ihrem letzten Konzertbesuch bei einem Pur-Konzert irgendwo im Ruhrgebiet, wie Hartmut Engler "Brüder" geplärrt hätte und ihr, die sich in den Gang vor der Bühne geschmuggelt hatte, dabei direkt in die Augen geschaut hätte. Leute, ich hätte mich vor Scham gerne in Luft aufgelöst.
Dafür hatte sich auch mein Nachbar zur Linken getäuscht - der hatte am Devotionalienstand in der Vorhalle eine CD erstanden und erklärte jetzt seiner Freundin, dass die Band häufig für ihre Tourneen eigene Alben zusammenstellen würde, die es sonst im Handel nicht geben würde. Ein Irrtum wie sich wenig später herausstellte, denn Bodies of Water war nicht der Name für ein neues Album. Sondern die Vorgruppe, die kurze Zeit später den Einheizer für den Frankfurter Auftritt von Calexico spielen sollte.
Es stellte sich schnell heraus, dass die Band alles andere als eine normale Vorgruppe war. Auch wenn die Mehrzahl der Zuschauer eher befremdlich uninteressiert auf die fünf Musiker reagierte. Denn die fünf Bandmitglieder brachten von Beginn an vollen Körpereinsatz und faszinierten - wenigstens mich - mit einer völlig ungewohnten Mischung aus Indie-Rock, Punk- und Folkelementen: Mit ausgefeilten vierstimmigen Gesangsstücken, ganz ohne Misstöne, dafür aber mit viel eingeübter Spontanität, schnellen Dynamik- und Rhythmuswechseln, überzeugte der Auftritt der Indieband "Bodies of Water" aus Los Angeles. Keyboarderin Meredith Metcalf war optisch die auffälligste Erscheinung. In einem eng anliegenden brauen Strampelanzug dominierte sie die Bühne, der Rest der fünfköpfigen Gruppe blieb im üblichen Indie-Look (kariertes Hemd oder T-Shirt, Jeans und gegebenenfalls Bart) eher unauffällig.
War schon die Vorgruppe erste Sahne, der Auftritt von Calexico konnte diesen locker toppen. Die Bandgründer Joey Burns und John Convertino starteten zunächst alleine ins Programm, mit einem Stück aus einem hier eher unbekannten Album gleichen Namens - Convict Pool. Der Konzertbeginn erinnerte irgendwie an den Auftritt des Talking Heads Sänger Byrne bei deren "Stop Making Sense"-Tournee. Joey Burns begleitete sich mit einer akustischen Gitarre und sah eigentlich so aus, wie die Jungs aus dem Bankenviertel ein paar Kilometer weiter: Nadelstreifenhose, helles Business-Hemd mit akkurat hoch gekrempelten Ärmeln, Anzugsweste und zackigem Haarschnitt. Schlagzeuger Convertito gab den coolen Drummer, den verschmitzt lächelnd, nichts aus der Ruhe brachte.
Danach durfte der Rest der Band auf die Bühne. Paul Niehaus, meist an der Steel-Guitar sitzend, versuchte möglichst unauffällig auf der Bühne zu wirken und sah dabei die ganze Zeit aus, wie ein Grundschullehrer, der zum ersten Mal einen öffentlichen Auftritt hat. Gastspieler Jairo Zavala an der Gitarre dagegen agierte an der Gitarre völlig entspannt und zeigte bei eigenen Songs sein eigenes Frontman-Talent. Jacob Valenzuela, Trompete, Vibraphon, Keyboard, ist der Vorzeige-Latino auf der Bühne, darf bei Inspiracion (Carried to Dust) auch als Sänger ran und meistert auch schwierige Trompetenpassagen völlig souverän. Bleibt noch die beiden Deutschen bei Calexico vorzustellen: Martin Wenk ("eigentlich ein Provinztrompeter aus Nordhessen") kommt aus Rotenburg an der Fulda, gehört seit 2003 zum festen Inventar und bläst, als ob er mit Mariachi-Klängen großgezogen worden wäre. Und schließlich Volker Zander am Bass, der im Hintergrund eher unauffällig zupfte.
Gespielt wurde ein buntes Medley, gespeist hauptsächlich aus den beiden Alben "Feast of Wire (2003)" und "Carried to Dust (2008)". War aber eigentlich auch egal. Das Material diente lediglich als Vorlage, das die Gruppe einschließlich Gastmusiker nach eigenem Gusto variierte und neu zusammenstellte. Nichts wirkte bemüht oder überroutiniert, Calexico entführte sein Publikum ins Grenzland - irgendwo zwischen Rock, Steel-Guitars und Mariachibläsern.
Ich will Euch hier nicht mit länglichem Geschwätz langweilen - wer einen Konzerteindruck haben möchte, kann sich den Live-Auftritt der Band am 15. Oktober 08 im Paradiso in Amsterdam hier in beeindruckender Qualität anschauen. Der Stream wurde autorisiert von fabchannel.com veröffentlicht.